23. September 2013

Knapp am Sieg vorbeigeschrammt

Meine Ergebnisse bei der diesjährigen Sparkasse TRANS Zollernalb waren mit dem Streckenprofil vergleichbar: ein Auf und ein Ab, und dann nochmal ein Auf.

Fotos 1-9: Werner Sahm ; Fotos 10-13: Rico Nädele

 

 

Die drei Tage dieser Rundfahrt sind immer etwas ganz Besonderes für mich. Ich bin dann Heimschläfer und die Strecke streift nicht selten meine Trainingsrouten - an sich die besten Voraussetzungen für maximale Ergebnisausbeute. Man kann sicher nicht behaupten, die Streckenführung sei technisch anspruchsvoll, größtenteils ging’s über breite Schotterwege. Aber das ständige Auf und Ab machte richtig Laune und ließ nie Langeweile aufkommen. Hinzu kamen hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten und der damit verbundene Windschatten, der taktische Spielchen provozierte.

 

 

1.Etappe: Bad Imnau - Balingen, 59 km, 913 Höhenmeter

 

Übersetzung: ein Kettenblatt 38 Zähne, Kassette 11-36

Reifen vorn und hinten: Thunder Burt Snake Skin 2.1

 

Verhalten waren die ersten Kilometer. Keiner der Favoriten wollte das Tempo bestimmen. Nur in den Anstiegen wurde mit richtig Zug gefahren, sodass die Spitzengruppe nach und nach aussortiert wurde. Ich konnte zum Glück jederzeit mitgehen. Nach den Bergpassagen fand sich dann jedoch kaum jemand, der die Geschwindigkeit hochhielt, jeder wollte Kräfte sparen. So konnten bereits abgehängte Fahrer wieder aufschließen. Fünf Kilometer vor dem Ziel startete ich einen Fluchtversuch, um im Alleingang das Ziel in Balingen zu erreichen. Zirka drei Kilometer lang konnte ich mich 50 bis 100 Meter vor der jagenden Meute halten, bis ich wieder eingeholt wurde, getreu dem Motto: „Lieber vorne sterben, als hinten nix erben!“ Geerbt hatte ich am Ende den siebten Platz. Ich hatte keine 10 Sekunden auf den Sieger verloren, für die Gesamtwertung also kein Problem.

 

 

2.Etappe: Balingen - Albstadt, 80 Kilometer, 1668 Höhenmeter

 

Übersetzung: ein Kettenblatt 38 Zähne, Kassette 11-36

Reifen vorn und hinten: Thunder Burt Snake Skin 2.1

 

Die letzten Jahre hatten gezeigt, dass diese Etappe eine kleine Vorentscheidung im Gesamtklassement bringen könnte. Und so kam es auch. Nach Hausen am Tann, bei Kilometer 22, wurde das erste Mal ausgesiebt. Von dort führte ein langer Anstieg aufs Plateau der Schwäbischen Alb. Ich selbst hatte kurzfristig Probleme und eine Lücke riss auf. Mit Hilfe von Hannes Genze konnte ich wieder zum Führungsquartett mit Teamkollege Matthias Leisling aufschließen. Doch dann passierte das, was immer passieren kann: ein Platten. Für diese drei Tage war ich eigentlich auf maximale Sicherheit gegangen, was die Reifen anbetraf. Sehr kurzfristig hatte ich von unsrem Ausrüster Schwalbe die brandneuen Thunder Burt bekommen. Die Dinger sind nicht nur sauschnell, sie bauen auch mehr Grip auf, als man im ersten Moment vermutet. Außerdem hatte ich mich für die Snake Skin-Version entschieden, die widerstandsfähiger gegen mechanische Einwirkungen ist. Aber gegen Scherben kann selbst dieser Reifen nichts ausrichten. Das Loch war so groß, dass die Doc Blue-Dichtemulsion es nicht mehr schließen konnte. In der Hektik bemerkte ich den riesigen Schnitt erst, als ich meine CO2-Kartusche fast komplett in den Reifen geschossen hatte. Ich musste also einen Schlauch einziehen und das Loch von innen mit einem Energieriegelpapier verschließen. Dies war nötig, weil der Schlauch sonst beim Aufpumpen durch das Loch des Reifens hätte gedrückt werden und platzen können. Ich „quetschte“ das restliche CO2 aus der Kartusche und rettete mich mit gefühlten 0,2 Bar im Hinterrad zur nächsten Standpumpe. Zu diesem Zeitpunkt war die Gesamtwertung bereits kein Thema mehr, so radelte ich mit über 20 Minuten Rückstand ins Ziel. Ich hatte Energie für den nächsten Tag sparen wollen, aber irgendwie fühlte ich mich trotzdem komplett erledigt.

 

 

3.Etappe: Albstadt - Hechingen, 78 km, 1216 Höhenmeter

 

Übersetzung: ein Kettenblatt 38 Zähne, Kassette 11-36

Reifen vorn: Thunder Burt Snake Skin 2.1; hinten: Smart Sam Evo 1.75

 

Wir hatten einen Plan. Teamkollege Matthias Leisling war in der Zwischenzeit auf den zweiten Gesamtrang vorgerückt und wollte diesen bis nach Hechingen halten. Ich konnte in der Gesamtabrechnung nichts mehr ausrichten und wollte wenigstens noch eine gute Tagesplatzierung. Also sollte ich gleich nach wenigen Kilometern im ersten Anstieg attackieren und versuchen, bis nach Hechingen durchzukommen. Wenn dies nicht klappen sollte, bliebe ich bei Matthias, um ihn aus Schwierigkeiten herauszuhalten und ihm bei eventuellen Defekten auszuhelfen. Für die Favoriten im Gesamtklassement stellte ich keine Gefahr dar, ebenso wenig wie Matthias Pfrommer (HAICO-Racing), dem auf der zweiten Etappe das gleiche Schicksal wie mir widerfahren war. Also holte ich am ersten Anstieg die „Brechstange“ heraus und startete meinen Fluchtversuch, an mein Hinterrad heftete sich HAICO-Racer Pfrommer. Unsre Taktik ging auf, man ließ uns ziehen. Wenig später gesellten sich drei weitere Fahrer zu uns. Wir harmonierten ausgesprochen gut und wechselten uns in der Führungsarbeit ab. Bis zum letzten Berg hatte sich unser Quintett dennoch auf ein Duo reduziert. Markus Bauer (Rothaus-Lexware) und ich sollten den Tagessieg unter uns ausmachen. Leider konnte ich Markus im steilen Gelände nicht abhängen, mich traktierten Krämpfe und ich bekam keinen Druck aufs Pedal. Es lief auf eine Sprintentscheidung hinauf zum Hechinger Schlossplatz hinaus. Auf den letzten 500 Metern wollte zunächst keiner von uns beiden die Führungsposition übernehmen, wir machten fast Stehversuche. 200 Meter vor dem Ziel zog ich das Tempo an, Markus überholte mich, ich konnte aber sein Hinterrad halten, mich sogar fast wieder neben ihn setzen. Doch am Ende fehlte mir eine lausige halbe Radlänge. In der Gesamtabrechnung gewann der Deutsche Meister Markus Kaufmann vor meinem Teamkumpel Matthias Leisling. Unsre Strategie war also aufgegangen.

 

Klar war ich im ersten Moment bitter enttäuscht, das war die Gelegenheit gewesen. Mit etwas Abstand bin ich ausgesprochen zufrieden. Ich hatte alles gegeben, was ich hatte, mehr ging nicht. Ich spüre immer noch die Auswirkungen der Krämpfe. Mit diesem Kraftakt hatte ich meine Muskulatur komplett zerstört. Nun stehen in knapp zwei Wochen die Deutschen Meisterschaften in Münsingen an. Da sollte wieder was gehen!

 

Ein weiterer Höhepunkt an diesem Sonntag in Hechingen war die Siegerehrung. Gänsehaut machte sich bei mir breit, als ich vor dem begeisterten Hechinger Publikum aufs Podium gerufen wurde. Auch Bürgermeisterin Dorothea Bachmann ließ es sich nicht nehmen, mir zu gratulieren.

 

Torsten

 

Ergebnisse Sparkasse TRANS Zollernalb