07. Oktober 2013

Sechster bei den Deutschen Meisterschaften

Die Voraussetzungen, bei den Titelkämpfen schnell zu sein, waren für mich denkbar schlecht. Zwei Tage zuvor lag ich den halben Tag im Bett, eine Migräneattacke hatte mich darnieder gestreckt.

Bilder 1-7: Dr. Werner Sahm  ;  Bilder 8-14: Rico Nädele

 

 

In der Nacht vor dem Startschuss hatte ich kein Auge zugemacht und die gesamte Nacht aufs Weckerklingeln um 5.30 Uhr gewartet. Ich war schon die ganze Woche recht angespannt gewesen. Eine gewisse Nervosität wird man anscheinend nie los, auch nach so vielen Rennjahren nicht. Trotzdem fühlte ich mich beim Warmfahren auf der Rolle ausgeruht, stark und voll motiviert. „Heute geht was!“, dachte ich mir.

 

Das Wetter war kühl, der Untergrund schlammig. Glücklicherweise hatte der Typ im Himmel wenigstens ein kleines Bikerherz und bestrafte uns nicht mit weiteren Regenfällen. Bei den Pneus entschied ich mich diesmal nicht für meinen neuen Lieblingsreifen, den Schwalbe Thunder Burt, sondern zog den bewährten 2.1er Racing Ralph auf. Ich wollte bei diesen schmierigen Bedingungen auf Nummer sicher gehen. Meiner Meinung nach bot eben dieser Reifen die größeren Reserven. Münsingen ist fast mein Heimrennen, ich kenne das Streckenprofil, so war das Übersetzungsverhältnis recht schnell gewählt: vorn ein Kettenblatt mit 38 Zähnen, hinten der 11-36er XTR-Ritzelblock. Wie ihr wisst, bin ich Brillenträger und benutze während des Sportelns Kontaktlinsen. Das ist dann ein Problem, wenn Dreckspritzer im Auge landen und schlimmstenfalls zwischen Auge und Kontaktlinse geraten. Dann wird’s nicht nur schmerzhaft, sondern auch gefährlich in den Abfahrten. In den Griff bekam ich diesen Umstand mit einem kleinen Schutzblech an der Gabel.

 

Eigentlich war der Rennverlauf von vornherein klar: Die ersten 80 Kilometer wurden zum Anlauf genutzt, dann wurde das Visier hochgeklappt und es begann das große Ausscheidungsfahren.

 

Langsam waren die ersten drei Stunden trotzdem ganz und gar nicht. So ziemlich jede Welle oder jeder längere Anstieg wurde zur Tempoverschärfung genutzt. Das große Spitzenfeld, das um die 30 bis 40 Fahrer zählte, zerriss immer wieder in kleinere Grüppchen. Teamkollege Matthias Leisling und ich waren stets "Herren der Situation" und nie bei den abgehängten Fahrern. Nicht selten waren wir sogar Initiatoren der Tempobolzerei. Leider fühlte sich niemand lange dafür verantwortlich, die Geschwindigkeit hochzuhalten und die Führungsposition im Wind zu übernehmen - die üblichen Taktikspielchen. Das Radrennen avancierte zeitweise zur Radtouristik und alle abgehängten Fahrer schlossen wieder auf.

 

Die letzten 20 Kilometer waren in zwei kleine Runden rund um Münsingen aufgeteilt. Dabei wurden der Zieleinlauf und einzelne Streckenabschnitte des Cross-Country-Bundesligarennens mit eingebunden. Kurz vor dem ersten Zieldurchlauf verschärfte sich die Gangart. Als Dritter fuhr ich hinter dem späteren Meister Robert Mennen (Team Topeak Ergon) und Simon Stiebjahn (Team Bulls) durch den Zielbereich. Wir hatten bereits ein kleines Loch gerissen, welches die Verfolger aber wieder schließen konnten. Kaum etwas zu Atem gekommen, attackierte Mennen erneut und sprengte die mittlerweile achtköpfige Gruppe komplett. Ich gab einfach alles, um irgendwie dran zu bleiben. Ich versuchte es im Sitzen oder im Wiegetritt, trotzdem wurde ich nicht mehr schneller. Am Ende reichte es für den sechsten Rang.

 

Im ersten Moment war ich natürlich enttäuscht, eine Medaille war so greifbar nah gewesen. Mit etwas Abstand macht sich nun eine innerliche Zufriedenheit breit. Das nächste Mal wird’s klappen, mit Edelmetall.

 

Torsten